Mittwoch, 18. Dezember 2013

Alles Gold?

Das Bürgernachrichten-Portal Huffington Post gibt es seit Oktober 2013 auch in Deutschland – Eine Verbesserung für den hiesigen Bürgerjournalismus?

Die Huffington Post gibt es seit Oktober 2013 auch in Deutschland. Die daran geknüpften Erwartungen wurden von Betreibern der Plattform mächtig geschürt und sind entsprechend hoch. Seit gut zwei Monaten ist die Plattform in Deutschland online, Zeit eine erste Bilanz zu ziehen. Das Konzept Huffington Post wird dazu kurz erläutert, um im nächsten Schritt zu fragen: Was bedeutet die Huffington Post für die deutschen Bürgerjournalisten?

 

 







Die Gründerin der Huffington Post, Arianna Huffington, am 10.10.2013 in München.
Quelle: Rest / Meißner 2013


Das Konzept Huffington Post

Die Huffington Post wurde 2005 als Nachrichtenplattform online gestellt und avancierte schnell zu einem beliebten Informationsmedium der Amerikaner. Seit 10.10.2013 gibt es nun eine deutsche Ausgabe des Online-Portals. Das Grundprinzip basiert auf einen Mix unentgeltlicher  Mitarbeit registrierter User und von professionellen Journalisten (bspw. in Form von dpa-Meldungen). Dabei werden zumeist Inhalte anderer Medien aufgegriffen, zusammengefasst oder kommentiert.
Die Nutzer können ihre Gedanken über das Portal mitteilen, aber auch andere Plattformen nutzen, wo die Huffington Post vertreten ist, wie etwa Facebook, Twitter oder was überrascht, in Form von Audiobeiträgen zum Beispiel via Soundcloud:


Aleya's Song 
CLIP: Michael Smerconish interviews President Barack Obama in the Oval Office 10-26-12

Die Beispiele verdeutlichen die Spannweite der Beiträge, die von selbst eingesungen Liedern  bis hin zu selbst geführten Interviews reichen. Die geringe Anzahl an Followern (169) verdeutlicht allerdings, dass dieses Format nicht recht zur Huffington Post passen will. Traditionelle Medienunternehmen wie die ZEIT oder taz kritisieren die Themenwahl  (vgl. Kruse 2013 und Raab 2013) und bezeichnen die Huffington Post als „[h]ässliche Konkurrenz“ (Kruse 2013).
Anders als in den USA, ist die Huffington Post unter dem Dach des Burda-Verlags angesiedelt, wozu auch Focus online gehört (vgl. Biermann 2013 und Raab 2013).


Das Logo der deutschen Ausgabe -
die Kooperation mit Focus wird hier deutlich:












Quelle: Startseite der Huffington Post Deutschland 2013  


Der Verlag hat sich vorgenommen, mit Werbeeinnahmen an der Seite zu verdienen. Es wird wenig in die Seite investiert, aber viel erwartet (vgl. Kruse 2013). Es überrascht daher nicht, dass Focus online nur Positives über den Launch zu berichten weiß: vom Beginn einer „neue[n] journalistische[n] Ära“ (Focus online 2013) ist die Rede, wo die Leser „all die Geschichten finden, die Menschen täglich bewegen“ (ebd.). Doch ist dem wirklich so? Ist alles Gold, was glänzt?
Verlag und Plattform suggerieren dem Nutzer eine neue Möglichkeit der Beteiligung. Doch was ist daraus geworden? Beziehungsweise welches Potential kann möglicherweise daraus entwachsen?


Bedeutung für den Bürgerjournalismus

Viele traditionsreiche Medienunternehmen wie Le Monde oder die Bild-Zeitung haben erkannt, dass es sich lohnt die Laien in das eigene Format zu integrieren. Doch gleicht die Arbeit jener Unternehmen noch immer eher einem „Experimentieren“ (Gillmor 2007).

Eine Zusammenarbeit beider kann sich dennoch bewähren. Kopp und Schönhagen argumentieren, dass gerade in kleinen Kommunikationsräumen die Rolle der Bürgerredakteure bedeutsam sein kann: Würden Bürger nicht selbst zu Wort kommen können und ihre Themen mitteilen, wäre es schlichtweg für den Lokaljournalisten nicht zu bewältigen diese Lücke zu schließen. Ihm fehlen häufig die Ressourcen, allen Argumenten auf den Grund gehen zu können (vgl. ebd.). Davon kann bei der Huffington Post allerdings (noch) nicht die Rede sein: Die Themen kreisen auf einer anderen Ebene. Es sind nicht die alltäglichen, lebensnahen Themen, sondern es werden vorwiegend Prominente, Politiker auf Bundesebene oder zum Beispiel Wellnesshotels im Test (vgl. Huffington Post 2013).

„[D]urch Bürgerreporter finden professionell recherchierende Journalisten Argumente und Informationen aus erster Hand, können Veränderungen und Gefahren rechtzeitiger aufspüren“ (Prinzing 2007). Doch klingt hier bereits an, dass es beim Journalismus nicht nur um das bloße Veröffentlichen geht, sondern auch um das Selektieren von Informationen, was wichtig für jene ist, denen die Zeit, die Kompetenz oder die Ressourcen dazu fehlen, aus der Informationsflut auszuwählen. Hier zeigt sich, wie wichtig und fruchtbar eine Zusammenarbeit zwischen professionellen und Bürgerjournalisten sein kann. Der professionelle Journalist verfügt über die Expertise, im Sinne der Geltungsansprüche nach Habermas (z.B. 1995) verständlich, wahrhaftig, wahr und richtig zu veröffentlichen. Kritisch sind in diesem Zusammenhang die Geltungsansprüche Wahrheit und Richtigkeit zu hinterfragen. Der Laie mag durchaus der Ansicht sein, dass das, worüber er berichtet, aus seiner subjektiven Sicht wahr ist. Aber möglicherweise ist sein Urteil auf Grund der Nähe zum Thema verzerrt (was auf eine Verletzung der Wahrhaftigkeit hindeuten würde). Hier kann der professionelle Journalist als eine Art Kontrollinstanz fungieren.


Fazit

Neue Beiträge über die Huffington Post sucht man in den anderen Nachrichten-Portalen wie ZEIT online zwei Monate nach dem Launch vergebens. Doch sagt dies möglichweise nicht viel über dessen tatsächliche Bedeutung aus. Es lässt sich festhalten, dass in der Tat ein Bedarf an Teilhabemöglichkeiten der Bürger am journalistischen Prozess besteht und auch traditionelle Unternehmen haben dies erkannt und integrieren Bürger zusehends in ihrer Berichterstattung. Die Huffington Post zeigt hier neue Formen der Integration auf. Allerdings scheinen diese noch nicht ausgereift. Konzepte, die in den USA funktionieren, müssen für den deutschen Markt möglicherweise modifiziert werden. Das mag auch zu einem großen Teil mit dem hiesigen Rollenverständnis von Journalisten zusammenhängen, wo der Fokus darauf liegt, die Information zu entlohnen, nicht die dadurch generierte Aufmerksamkeit. Es ist demnach nicht alles Gold was glänzt, es kann aber noch werden.

Mirabelle Plouffe, 18.12.2013


Literatur

Biermann, Kai (2013): Onlinemedien: Huffington Post baut mit Tomorrow Focus eine deutsche Ausgabe. In: ZEIT online, veröffentlicht am 30.04.2013. URL: http://www.zeit.de/digital/internet/2013-04/huffington-post-deutsch-focus [18.12.2013].

Focus online (2013): Huffington Post Deutschland: Die erfolgreichste Seite der USA kommt nach Deutschland. In: Focus online, veröffentlicht am 10.10.2013. URL: http://www.focus.de/intern/intern/huffington-post-deutschland-erfolgreichste-seite-aus-den-usa-kommt-nach-deutschland_aid_1125134.html [18.12.2013].

Gillmor, Dan (2007). Bürgermedien: Ein Zwischenbericht. URL: http://www.readers-edition.de/2007/07/18/buergermedien-ein-zwischenbericht/ [22.11.2013].

Habermas, Jürgen (1995): Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Kopp, Mirjam; Schönhagen, Philomen (2007): Bürgerjournalismus. Bedrohung oder Ergänzung der professionellen Medien? In: Medienheft (16. April 2007), S. 1-7.

Kruse, Jörn (2013): Huffington Post Deutschland: Hässliche Konkurrenz. In: taz.de, veröffentlicht am 10.10.2013. URL: http://www.taz.de/!125266/ [18.12.2013].

Prinzing, Marlies (2006): Bürgerjournalismus. Präsent, wenn’s brennt. In: EJO - European Journalism Observatory. URL: http://de.ejo-online.eu/336/ethik-qualitatssicherung/burgerjournalismus [24.11.2013].

Raab, Klaus (2013): Deutsche "Huffington Post": Da schreien die Ausrufezeichen!! In: ZEIT online, veröffentlicht am 10.10.2013. URL: http://www.zeit.de/kultur/2013-10/huffington-post-deutschland-start [18.12.2013].

Rest, Jonas; Meißner, Juliane (2013): Huffington Post DeutschlandDie Huffpo ist da! KLICKT ENDLICH! In: Berliner Zeitung online, veröffentlicht am: 10.10.2013. URL: http://www.berliner-zeitung.de/medien/huffington-post-deutschland-die-huffpo-ist-da--klickt-endlich-,10809188,24587196.html [18.12.2013].


Linkliste [zuletzt zugegriffen am 17./18.12.2013]

http://www.huffingtonpost.de/
https://soundcloud.com/the-huffington-post/aleyas-song
http://www.zeit.de/digital/internet/2013-04/huffington-post-deutsch-focus
http://www.focus.de/intern/intern/huffington-post-deutschland-erfolgreichste-seite-aus-den-usa-kommt-nach-deutschland_aid_1125134.html
http://www.taz.de/!125266/
http://www.zeit.de/kultur/2013-10/huffington-post-deutschland-start
http://de.ejo-online.eu/336/ethik-qualitatssicherung/burgerjournalismus
http://www.readers-edition.de/2007/07/18/buergermedien-ein-zwischenbericht/
https://soundcloud.com/the-huffington-post/smerconish-obama-powell
http://www.berliner-zeitung.de/medien/huffington-post-deutschland-die-huffpo-ist-da--klickt-endlich-,10809188,24587196.html

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